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Mein Vater erinnert sich. |
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EINE TRAURIg-FROHE GESCHICHTE |
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Obwohl meine Mutter 1954 zur Hochzeit gedrängt hatte,
weil sie glaubte, meine Braut sei schwanger, dauerte es noch
fünf Jahre, bevor unser Sohn Udo am 15. Dezember 1959
in Beeskow geboren wurde. Nach drei Fehlgeburten war es für
uns ein wahres Geschenk, welches wir dem Leiter der gynäkologischen
Abteilung des Kreiskrankenhauses Beeskow, Herrn Dr. Haar, zu
verdanken hatten.
Er tat damals alles nur erdenkliche, um uns unseren Kinderwunsch
in Erfüllung gehen zu lassen. Einfühlsam war er bemüht,
meiner Frau die Zeit der Schwangerschaft so erträglich
wie möglich zu machen - unser Kind musste mit Spritzen
gehalten werden — und auch nach der Geburt tat er alles,
um sie die schwere Zeit schnell vergessen zu lassen. Unser
Wunsch war natürlich, das Frau und Kind recht bald das
Krankenhaus verlassen konnten, um die erste Weihnacht als Familie
zu feiern.
„Sie sind noch sehr schwach,“ sagte Dr. Haar zu
meiner Frau „und ich lasse sie nur unter der Bedingung
zu Weihnachten nach Hause. wenn ihr Mann alle Arbeiten allein
erledigt“.
Dieses Versprechen konnten wir beruhigt abgeben, denn ich,
der ich täglich Frau und Kind besuchte, tat alles, damit
wir gemeinsam ein frohes und glückliches Weihnachtsfest
feiern konnten.
Neben dem Hausputz und dem Ausschmücken des Weihnachtsbaumes
backte ich einen Tag vor Heiligabend eine Quarktorte, und mit
Hilfe der Frauen unserer Hausgemeinschaft schmorte auch eine
gefüllte Gans in der Bratröhre. Abends legte ich
mich rechtschaffend müde zu Bett und schlief mit dem glücklichen
Gedanken ein: morgen holst du Frau und Kind nach Hause. Doch
es kam leider ganz anders.
Morgens erwachte ich mit sehr starkem Fieber und unser Nachbar
sorgte dafür, das ich ins Isolierkrankenhaus eingeliefert
wurde. Ich hatte eine böse Angina. So verlebten wir Drei
ein trauriges Weihnachtsfest 1959 im Krankenhaus.
Meine Frau war, wie sie mir später erzählte, bis
zuletzt voller Hoffnung gewesen, bald von mir abgeholt zu werden.
Nach und nach leerten sich zu den Feiertagen die Zimmer in
den Abteilungen. Sie lag in ihrem Bett, unseren Sohn in seinem
Kinderbett an ihrer Seite, und fieberte dem Zeitpunkt entgegen,
wo ich beide nach Hause holte.
Plötzlich hörte sie im Schwesternzimmer die Stimme
von Dr. Haar: “Ich habe gerade eine unerfreuliche Nachricht
erhalten! Es wird das Beste sein, wenn ich ihr die Hiobsbotschaft
selbst überbringe.”
Als sie noch so bei sich dachte, wem ist denn da schlimmes
passiert, ging Dr. Haar an ihr Bett, nahm ihre Hand, bat sie,
ganz tapfer zu sein und teilte ihr mit, was passiert war. Sie
war nicht in der Lage, etwas darauf zu antworten, denn die
Tränen erstickten ihre Stimme.
Aber Silvester konnten wir dann doch gemeinsam feiern und haben
alles, was wir Weihnachten versäumt hatten, nachgeholt.
Kuchen bekamen wir von den Familien unserer Hausgemeinschaft,
die unsere Quarktorte Weihnachten verspeist hatten. Unsere
Gans aber konnten wir zum Mittag selbst verspeisen, denn sie
war freundlicherweise von den Nachbarn eingeweckt worden. Aber
das Glas Sekt hätte meine Frau am Silvesterabend lieber
nicht trinken sollen. Unser kleiner Sohn bekam davon einen
Durchfall. Wie hätten wir auch wissen sollen, dass Sekt
auch über die Muttermilch seine Wirkung zeigt. |
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